Ursachen und Symptome
Schizophrenie
Häufigkeit
In der Bundesrepublik Deutschland und den
westeuropäischen Ländern leiden zwischen 0,5 bis 1% der Bevölkerung an
Schizophrenie (Prävalenz). Die jährliche Neuerkrankungsrate (Inzidenz)
liegt bei etwa 0,05%. Die Wahrscheinlichkeit eines Menschen, im Laufe des
Lebens an Schizophrenie zu erkranken (Morbiditätsrisiko), wird auf ca. 1%
geschätzt, dabei sind Frauen und Männer gleich häufig betroffen. Männer
erkranken meist früher als Frauen. Insgesamt liegt das
Haupterkrankungsalter zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr, wobei
es für die verschiedenen Subtypen der Schizophrenie charakteristische
Unterschiede im Zeitpunkt der Ersterkrankung gibt.
Grundlagen und Ursachen
Bei der Verursachung von Schizophrenie
wird von einem Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren ausgegangen,
wobei angenommen wird, dass die genetische Veranlagung (Disposition) eine
zentrale Rolle spielt.
Genetische Grundlagen
Untersuchungen im verwandtschaftlichen
Umfeld von an Schizophrenie erkrankten Personen haben Belege für eine
genetische Veranlagung ergeben. So zeigt sich, dass die
Wahrscheinlichkeit, ebenfalls an Schizophrenie zu erkranken, mit
steigendem Verwandtschaftsgrad zum Erkrankten zunimmt. Sind beide
Elternteile erkrankt, liegt das Risiko, ebenfalls an Schizophrenie zu
erkranken, bei dem Kind bei ca. 40 %. Bei zweieiigen Zwillingen liegt die
Wahrscheinlichkeit, dass der Zwilling eines Schizophrenen ebenfalls
erkrankt ist bei ca. 15 %, bei eineiigen Zwillingen bei 50%
(Konkordanzrate).
Diese hohe, aber nicht hundertprozentige
Übereinstimmung zeigt, dass die genetische Grundlage nicht als alleinige
Ursache angesehen werden kann. Sie wird vielmehr als Disposition
verstanden, die nur zur Erkrankung führt, wenn andere Faktoren
hinzukommen. Als Beispiele für solche Faktoren, die bei einer genetischen
Veranlagung zum Ausbruch von Schizophrenie führen, gelten Schädigungen im
Mutterleib und besonders krisenhafte Lebensereignisse.
Psychosoziale Faktoren
Die Annahme, dass psychosoziale
Bedingungen, z.B. Störungen im Miteinander der Familie oder Partnerschaft
zur Entstehung der Schizophrenie beitragen, ist nicht wissenschaftlich
belegt. Es ist eher wahrscheinlich, dass diese Faktoren allenfalls den
Verlauf der Erkrankung beeinflussen können. So zeigt sich beispielsweise,
dass die Rückfallquote bei den Schizophrenen höher ist, die in Familien
leben, die sich gegenüber dem Erkrankten übermäßig behütend verhalten. Es
besteht ein zeitlicher Zusammenhang zwischen situativen Belastungen und
Ausbruch der Erkrankung. Dabei gilt, dass, je nachdem ob eine Unter- oder
Überforderung der Person vorliegt, jeweils unterschiedliche Symptome
auftreten können.
Biochemische Erklärungen
Dieser Ansatz geht davon aus, dass
Schizophrenie durch eine Hypersensibilität von Dopaminrezeptoren in einer
bestimmter Hirnregion, dem mesolimbischen System, verursacht wird. Bei
Dopamin handelt es sich um eine Substanz, die zur Übermittlung von
Nervenimpulsen von einem Neuron (Nervenzelle- und strang) zum nächsten
dient (Neurotransmitter). Auch wenn diese sogenannte "Dopaminhypothese"
noch nicht ausreichend bewiesen ist, so sprechen doch einige Fakten für
ihre Richtigkeit. Es sei angemerkt, dass Dopaminmangel die Ursache für das
Auftreten der Parkinsonschen Erkrankung ist. Als wichtigstes Argument für
den Einfluss des Dopamins gilt die Wirksamkeit von Neuroleptika, die bei
der pharmakologischen Behandlung von Schizophrenie eingesetzt werden. Die
Wirksamkeit dieser Psychopharmaka scheint auf der hemmenden Wirkung zu
beruhen, die diese auf Dopaminrezeptoren ausüben.
Neuroanatomische Befunde
Bei Schizophrenen sind strukturelle
Besonderheiten des Gehirns gefunden worden. So konnte z.B. gezeigt werden,
dass bei schizophrenen Patienten häufig der 3. Ventrikel, eine der mit
Gehirnflüssigkeit gefüllte Kammern im Gehirn, erweitert ist. Auch konnte
eine veränderte Hirndurchblutung gefunden werden. Diese Abnormitäten
scheinen mit den für Schizophrenie typischen Denkstörungen im Zusammenhang
zu stehen.
Symptomatik und klinische Untertypen
Es gibt keine Symptome die nur bei
Schizophrenie auftreten. Alle Symptome können für sich allein genommen
auch bei vielen andereren Erkrankungen auftreten, es können aber folgende
charakteristische Symptombereiche genannt werden:
Wahn
Beim Wahn handelt es sich um eine
nichtkorrigierbare falsche Beurteilung der Realität. Häufige
Wahnvorstellungen bei Schizophrenen sind Verfolgungs- und Beziehungsideen,
dabei wird das Verhalten anderer vom Patienten wahnhaft auf sich selbst
bezogen. Der Wahn kann sich sowohl ohne, als auch mit Bezugnahme auf
äußere Wahrnehmungen äußern.
Halluzinationen
Hierunter versteht man eine
Sinneswahrnehmung, die für einen wirklichen Sinneseindruck gehalten wird,
obwohl der entsprechende reale Sinnesreiz nicht vorhanden ist. Diese
Sinnestäuschung kann alle Sinnesorgane betreffen, wobei akustische
Halluzinationen am typischsten für Schizophrenie sind. Am häufigsten hören
Schizophrene Befehle erteilende und sich über ihn unterhaltende fremde
Stimmen.
Ich-Störungen
Dieses Symptom ist dadurch
charakterisiert, dass die Grenzen zwischen Ich und Umwelt als durchlässig
empfunden werden. Dabei werden häufig die eigene Person (Körper, Gefühle,
Gedanken) oder die Umwelt als fremdartig erlebt. Es kann zu einem Gefühl
der Fremdbeeinflussung oder Gedankeneingebung von außen kommen, auch kann
der Patient das Gefühl haben, dass seine Gedanken mitgehört oder ihm
entzogen werden. Dabei lebt der Kranke zugleich in einer wirklichen und in
einer wahnhaften Welt, wobei es immer mehr zu einer Abkapselung von der
realen Welt kommt.
Formale Denkstörungen
Hierbei handelt es sich um eine
Verzerrung des Denkablaufs. Es kommt zur Verschmelzung verwandter Wörter
zu einem Begriff, zu teilweise absurden Wortneuschöpfungen, Zerfahrenheit
mit sprunghaften und unlogischen Gedankengängen oder zum plötzlichen
Abbruch eines Gedankenganges ohne erkennbaren Grund.
Affektive Störungen
Typischerweise ist bei Schizophrenen der
emotionale Kontakt zu anderen Menschen reduziert. Es kann zu Situationen
nicht angemessenen Gefühlsäußerungen oder mimischen Reaktionen kommen.
Häufig ist bei Patienten eine leere also grundlose Heiterkeit zu
beobachten. Unvereinbare Gefühlszustände und Wünsche können nebeneinander
stehen. Insbesondere beim Bestehenbleiben einer Restsymptomatik nach
Abklingen der akuten Erkrankung kommt es zu erheblicher gefühlsmäßiger
Verarmung.
Psychomotorische Störungen
Bei schizophrenen Patienten zeigen sich
häufig eine Bewegungslosigkeit bei vollerhaltenem Bewusstsein oder eine
starke motorische Unruhe, häufig mit sich wiederholenden stereotypen
Bewegungen. Auch die Kooperationsfähigkeit ist z.T. verändert; so macht
der Patient oft automatisch das Gegenteil des Verlangten oder führt es
automatenhaft aus.
Üblicherweise wird die Vielzahl von
Symptomen nach Positivsymptomatik und Negativsymptomatik unterteilt. Dabei
versteht man unter Positivsymptomatik Verhaltensmerkmale die über das
Verhalten von Gesunden hinausgehen. Zu diesen, auch "produktiv" genannten
Symptomen gehören Halluzinationen und Wahn. Von Negativsymptomatik spricht
man dagegen, wenn das Verhalten im Vergleich zum Gesunden Defizite
aufweist. Typisch sind hier Antriebsmangel und Affektarmut.
Je nach Ausprägung bestimmter Symptome
unterscheidet man folgende Untertypen:
- Paranoid-halluzinatorische
Form: Wahn und Halluzinationen prägen das Bild
des Erkrankten, am häufigsten tritt dieser Subtyp im 4. Lebensjahrzehnt
auf.
- Katatone Form:
Vorherrschen der psychomotorischen Störungen.
- Hebephrene Form:
Affektstörungen stehen im Vordergrund, die Ersterkrankung liegt meist im
Jugendalter.
- Residuale Form:
Besonders auffällig ist eine Persönlichkeitsänderung im Sinne von
Antriebsmangel, Affektarmut und sozialem Rückzug.
- Schizophrenia simplex:
Symptomarme Form, in der vor allem die produktiven Symptome fehlen und
es allmählich zu einem durch Negativsymptomatik geprägten Bild
(Residualsyndrom) kommt.
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